»Aus dem Knast in den Behördendschungel«: Unter diesem Motto stand eine Fachveranstaltung anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Zentralstelle für Strafentlassenenhilfe am 7. November 2012. Die gemeinsam von AWO, Caritas, Stadtmission Nürnberg und dem Bayerischen Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. getragene Beratungsstelle hilft seit 1972 Haftentlassenen, die in Nürnberg wohnen bzw. dort wohnen wollen. Mehr als 700 Strafentlassene suchen jährlich die Zentralstelle auf.
»Wer nach einigen Jahren Haft aus dem Gefängnis kommt, hat oft keine Ahnung mehr, wie es im ‚echten Leben‘ zugeht", so Werner Jungesblut, Sprecher der Beratungsstelle. »Dann kann es schnell passieren, dass sie wieder im Knast landen.« Von der ursprünglichen Idee einer zentralen Anlaufstelle, an der die Strafentlassenen alle notwendigen Angelegenheiten auf einen Schlag und mit der erforderlichen Begleitung erledigen können, ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. »1989 hat das bayerische Justizministerium die finanzielle Förderung eingestellt. 2003 zog das Sozialamt ihre Mitarbeiter ab und 2005 folgte die Arbeitsagentur. Wenn wir früher alles unter einem Dach hatten, sind heute alle Ansprechpartner für den Haftentlassenen über die ganze Stadt verteilt«, so Jungesblut. »Die Gefahr, sich im ‚Behördendschungel‘ zu verirren und aufzugeben ist groß.« Der Rückfall in die Kriminalität sei dann fast schon vorprogrammiert.
Ein Umstand, der auch Pfarrer Wolfgang Tereick, Vorstand der Stadtmission Nürnberg, Sorge bereitet: »Entscheidend für eine erfolgreiche Resozialisierung ist eine gute Begleitung in der Freiheit. Neben einer engen Zusammenarbeit der entsprechenden Ämter und Hilfseinrichtungen gehört auch eine intensive Vorbereitung vor der Entlassung dazu.«
Ein Argument, das auch Renate Schöffer-Sigl, Leiterin der Nürnberger Justizvollzugsanstalt unterstützt: »Die Vorbereitung auf die ‚Zeit danach‘ ist wichtig.« Deshalb freue sie sich, dass Beratung in den bayerischen JVAs wieder intensiviert werden soll. »Im Justizministerium wurde eine Arbeitsgruppe zur Thematik ‚Übergangsmanagement‘ eingesetzt und mit der Bundesagentur für Arbeit ein Kooperationsvertrag geschlossen, um Vermittlungsaktivitäten noch vor Ende der Haftzeit zu beginnen.«