NÜRNBERG. In feierlichen Rahmen wurde gestern der Frauenpreis 2020 an die Stadtteilmütter der Stadtmission Nürnberg und an das Internationale Frauen- und Mädchenzentrum im Historischen Rathaussaal verliehen. Die Preise sind mit jeweils 2 000 Euro dotiert. Ein nicht dotierter Anerkennungspreis ging zudem an die Interreligiöse Frauen-WG, die von der Evangelischen Jugend Nürnberg ins Leben gerufen wurde.
Mit der Auswahl der Preisträgerinnen würdigte die Jury in diesem Jahr im Besonderen die interkulturelle Frauen- und Mädchenarbeit in der Stadt. Dieser Fokus sei mit Blick auf den jüngsten, rassistisch motivierten Anschlag in Hanau, bei dem im Februar neun Menschen ermordet wurden, »erdrückend aktuell«, so die städtische Frauenbeauftragte Hedwig Schouten. Man müsse den strukturellen Rassismus in unserer Gesellschaft noch viel stärker bekämpfen, forderte sie und erntete dafür den Applaus des gesamten, vornehmlich weiblich besetzten Saals. Herkunft bleibe ein Konstrukt, ein Kostüm, das scheinbar ewig getragen werden solle und nicht nur für viele Frauen ein Fluch sei. Für nur wenige sei dieses Kostüm »ein Vermögen wert«.
Schätze, die gehoben werden müssen
Die Stadtteilmütter der Stadtmission Nürnberg seien »vorbildliche Mutmacherinnen«, würdigte die Frauenpreis-Jury, zu der u.a. auch Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly zählt. Die ehrenamtlichen, gut ausgebildeten Stadtteilmütter, hätten »meist eigene Migrations- und Integrationserfahrung« und allesamt Kinder in Deutschland großgezogen. Als »engagierte Mütter« bekämen sie schnell und einfach Zugang zu neu zugewanderten Frauen und Familien und könnten so deren Anfang in Nürnberg »niederschwellig und passgenau unterstützen«, erklärte Hedwig Schouten in ihrer Laudatio am Donnerstagabend. Alexandra Frittrang, Einrichtungsleiterin bei der Stadtmission und verantwortlich für das Projekt der Stadtteilmütter, appellierte am Donnerstag, sich von dem defizitorientierten Blick auf zugewanderte, anders kulturell und religiös sozialisierte Frauen, zu verabschieden. »Diese Frauen und Mütter sind sprudelnde Quellen in unserem Garten«. Was sie in ihren Familien, in ihrer Nachbarschaft und unserer Gesellschaft für den Zusammenhalt leisteten und an Ressource mitbrächten, sei ein »enormer Schatz«, der Anerkennung verdiene und gehoben werden müsse.
Nürnberg noch weit vom Ziel der Geschlechterparität entfernt
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, der bei der Preisverleihung am 5. März augenzwinkernd "sein letztes Grußwort« sprach, äußerte sich vorsichtig optimistisch, wenn auch gleichermaßen selbstkritisch: »Der Preis ist nach wie vor notwendig und würdig verliehen zu werden.« Mit Blick auf Gleichberechtigung und die Erfolge städtischer Frauenpolitik zeigte sich Maly überzeugt, dass die Richtung stimme. Nicht sicher sei für ihn, ob man bei der »positiven Veränderung kollektiver Verhaltensweisen«, die der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen dienten, in den letzten zwei Jahrzehnten wirklich deutlich weitergekommen sei.
Mit dem Frauenpreis zeichnet die Stadt Nürnberg alle zwei Jahre herausragende Leistungen von Frauen und Frauengruppen aus, die sich mit ihren eigenen Anliegen, der Situation der Frauen, ihren Lebensbedingungen und ihrer Geschichte auseinandersetzten sowie neue Denkmuster und Handlungsformen in Arbeitswelt, Journalistik, Politik, Wissenschaft und vielen Bereichen mehr aufzeigen, heißt es in einer Erklärung aus dem Nürnberger Rathaus.