NÜRNBERG. In der dunklen Jahreszeit haben Seelsorgerinnen und Seelsorger Hauptsaison. Neben Pfarrern, Psychotherapeutinnen und Sozialarbeitern kümmern sich in Nürnberg hunderte Ehrenamtliche um das seelische Wohlbefinden von Frauen und Männern, die sie selbst gar nicht kennen.
Um das zu können, braucht es mehr als guten Willen. Das PPC bildet deshalb Laien zu guten Seelsorgern aus. Lehrerinnen, Ruheständler und Verwaltungsangestellte – die angehenden Seelentröster sind so unterschiedlich wie jene Menschen, denen sie später als Ehrenamtliche begegnen.
Birgit Schuster, selbst Bankangestellte, hat den Seelsorgekurs des Pastoral Psychologischen Centrums (PPC) durchlaufen und engagiert sich heute als ehrenamtliche Zuhörerin in der City-Seelsorge in St. Jakob. Ein Interview:
Frau Schuster, was tun Sie als ehrenamtliche City-Seelsorgerin in der Jakobskirche?
Ich übernehme mehrmals im Monat den Seelsorgedienst der Offenen Tür in St. Jakob. Dort sitze ich mit Menschen zusammen und höre zu - manchmal nur wenige Minuten, manchmal eine ganze Stunde.
Welche Menschen begegnen Ihnen da?
Die Begegnungen und Geschichten sind ganz unterschiedlich. Bei mir saßen schon Jugendliche mit Angststörungen, ein Flaschensammler, der nicht wusste, wo er die Nacht verbringen kann und Männer mit Liebeskummer.
Von gescheiterten Paarbeziehungen ist oft die Rede und viele versuchen, mit ihrer Trauer fertig zu werden. Auch Menschen mit Depressionen, die nach einer Trennung oder Arbeitsentlassung sehr leiden, kommen, um zu erzählen. Geldnot, Krankheit, Drogen und Familienprobleme – das sind alles Themen, die in die Jakobskirche gebracht werden.
Wie können Sie Ihren Gesprächspartnern helfen?
Helfen kann ich durch mein Zuhören und mein Da-Sein, mein wertschätzendes Annehmen. Das heißt, ich begegne dem Anderen auf Augenhöhe und nehme ihn ernst mit seinen Sorgen und Nöten. Viele, die bei mir sitzen, sagen selbst, dass sie in ihrem Leben niemanden haben, der ihnen zuhören würde. Für andere ist es einfach wichtig, einer "neutralen" Person etwas anzuvertrauen.
Ich muss auch nicht immer Antworten für mein Gegenüber finden. Mir ist es wichtig, mich mit dem Klienten zusammen auf den Weg zu machen, mit kleinen Impulsen den Blick auf sein Problem so zu verändern, dass er selbst seine Perspektive verändert und Lösungen findet.
Ich fühle mich sozusagen als Brückenbauer, gehen muss der Klient dann selbst.
Bedrücken Sie die fremden Schicksale nicht sehr?
Manche Schicksale bewegen und beschäftigen mich innerlich sehr.
Ich habe in meiner Ausbildung aber gelernt, Nähe und Distanz auszupegeln und meine eigenen Grenzen wahrzunehmen. Ich lasse nur so viel Sorge der Klienten an mich ran, wie ich selbst tragen kann.
Was macht gute Seelsorge für Sie aus?
Das Interesse am anderen ist grundsätzlich sehr wichtig. Die Fähigkeit, sich auf andere Menschen einzulassen, aushalten zu können. Zuhören, Verstehen, Bestärken, Trösten - oder einfach nur Da-Sein, wenn Worte nicht helfen.
Was hat Ihnen der Ausbildungskurs gebracht?
Durch den PPC-Kurs kann ich mich selbst als Person in Beziehung zur Seelsorge reflektieren. Denn wer andere verstehen will, muss sich selbst kennenlernen und wahrnehmen können.
Und ich habe den Mut in mir entdeckt, Fragen zu stellen, neugierig zu sein, aber auch eigene Schwächen, Unsicherheiten und Grenzen zu erkennen und diese anzunehmen; nachzuspüren, warum ich gerade so empfinde und andere in der Gruppe evtl. ganz anders.
Am Seelsorgekurs Interessierte wenden sich bitte an:
Friederike Bracht, Dipl.-Pädagogin und Kursleiterin
Erziehungs-, Paar- und Lebensberatung der Stadtmission Nürnberg e.V./ Kurse für Seelsorgerliche Praxis und Gemeindearbeit
Pilotystr. 15; 90408 Nürnberg
Tel. 0911 / 35 24 00
Fax 0911/ 35 24 06