Das Jubiläum der Suchthilfeeinrichtung am Rand der fränkischen Schweiz feierte die Stadtmission Nürnberg mit einem Sommerfest.
GRÄFENBERG. »Das 25-jährige Jubiläum ist ein Erfolg: Ein Erfolg der hier geleisteten Arbeit, der Angebote – und der Lebenswege, die hier Prägung und neue Richtung erfahren haben«, so Gabi Rubenbauer, Vorständin der Stadtmission Nürnberg, als sie am Mittwoch die Festgäste im Gelände der Einrichtung am Kasberg begrüßte. Das Haus Martinsruh wird von der Stadtmission getragen.
Anfänge vor 25 Jahren
Zuvor als Kinderheim geführt, nahm die Stadtmission 1992 Haus Martinsruh als soziotherapeutisches Zentrum für chronisch alkoholabhängige Männer und Frauen in Betrieb. Mitten im Ländlichen bot das Haus Betroffenen einen beruhigten Lebensort, der für sie auch Wendepunkt sein sollte. Hier konnten die ankommenden, vornehmlich Alkoholiker/innen abstinent leben lernen, sich sozial stabilisieren, ihren Alltag neu organisieren. Es dauerte dabei einige Zeit, bis die Einrichtung mit ihrem Konzept auch von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde akzeptiert wurde.
Haus Martinsruh heute
Heute pflegen Zivil- und Kirchengemeinde einen guten, freundschaftlichen Kontakt mit Mitarbeitenden und Bewohner/innen des Hauses. 32 Männer und Frauen leben 2017 im Haus Martinsruh, nur 6 davon sind Frauen. Sie sind zwischen 30 und 80 Jahren alt. Für einige wenige der Älteren ist nach über 20 Jahren das Haus Martinsruh zum ständigen Zuhause geworden. In der Regel bleiben die Klientinnen und Klienten aber nur etwa zwei Jahre in der Einrichtung.
Suchterkrankungen im Wandel
Die Krankheitsgeschichten hätten sich in den vergangenen Jahren stark verändert, sagt Rainer Benner, Leiter des Hauses. »Die hier Ankommenden sind oft von mehreren Substanzen abhängig, leiden unter einer Spielsucht und sind durch oder mit ihrer Sucht psychisch und physisch schwer erkrankt.« Zu beobachten sei außerdem, dass die Bewohnerinnen und Bewohner immer jünger werden und der Alkohol als dominierender Suchtstoff von chemischen Drogen abgelöst oder ergänzt werde, sagt Benner.
Als das Haus an den Start ging, da wurden langjährig, chronisch Alkoholabhängige in Gesellschaft, z.T. auch in Fachkreisen oft »nur« noch als Pflegefälle wahrgenommen. Haus Martinsruh trug mit seiner Arbeit dazu bei, an diesem Bild zu rütteln. Viele seiner ehemals schwerstsuchtkranken Bewohner haben zurück in ein »trockenes«, selbstverantwortlich geführtes Leben gefunden.
»Niemanden aufgeben«
Auch Dr. Theo Wessel, Geschäftsführer des Gesamtverbandes für Suchthilfe der Diakonie Deutschland und Festredner beim Jubiläum, betonte: »Wir geben niemanden auf!« Die Suchthilfe, für die die diakonischen Träger stünden, ziele ab auf maximale Teilhabe. Das ist auch im Haus Martinsruh so: Rainer Benner erklärt den soziotherapeutischen Ansatz dazu: »Für uns und unsere Klient/innen kann es hier kein starres System, keine zwingenden Ziele geben – individualisierte Hilfe zum Leben ist unser Auftrag.« Auch das neue Bundesteilhabegesetz bestärke diesen Ansatz.
Pfarrer Dr. Malte Lippmann von der örtlichen Gemeinde stellte in seinem geistlichen Grußwort die Idee der Barmherzigkeit in den Mittelpunkt: »Im Haus Martinsruh wird Barmherzigkeit in einem positiven Sinne institutionalisiert.« Und weiter meinte er, es sei wichtig, das Herz berühren zu lassen, achtsam zu sein miteinander: Denn »die Starken lernen von den Schwachen, die Schwachen von den Starken«.
Bei Kapellmusik und Grillbuffet saßen die Bewohnerinnen und Bewohner, Gäste und Mitarbeitenden der Stadtmission noch bis in die frühen Abendstunden zusammen.