NÜRNBERG. Modern ausgestattet, zentral gelegen und eingebettet in ein neugebautes Stadtviertel sind die 40 Ein-, Zwei- und Dreizimmerapartments, die jetzt der Stadtmission gehören. Vermietet werden diese ausschließlich nach sozialen, gemeinwohlorientierten Kriterien. Ermöglicht wurde das Wohnprojekt u.a. durch die Bayerische Wohnraumförderung, die hier eine besondere, auf Gemeinschaft ausgerichtete Wohnform für Menschen mit Hilfebedarf unterstützt.
Wohnungen für mehr Teilhabe
Mit dem neuen Mietkomplex setzt die Stadtmission ein lange anvisiertes »sozialraumorientiertes Wohnprojekt« in die Tat um: In 20 Apartments werden Klienten*innen aus den ambulanten und stationären Reha- und Übergangseinrichtungen der Stadtmission einziehen. 20 weitere Wohnungen sind für Mitarbeitende und Auszubildende aus der Diakonie sowie Nürnberger*innen mit niedrigen Einkommen oder sonstigen Vermittlungshemmnissen vorgesehen.
Damit werden Menschen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen in dem Neubau zusammenleben und gut vernetzt: Denn vor Ort kümmert sich eine Sozialpädagogin, die die Stadtmission aus Spenden finanziert, um das Gemeinschaftsleben im Haus. Gemeinsam mit den neuen Mietern*innen wird sie Verbindungen in die umliegende Nachbarschaft, in Vereine, Kirchgemeinden usw. aufbauen.
Alle 20 Klienten*innen, die von Stadtmissions-Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, der Suchthilfe, der Sozialpsychiatrie und dem Arbeitskreis Resozialisierung in die neuen Wohnungen vermittelt werden, werden weiter ambulant betreut. Sie bleiben damit an das breite Hilfenetzwerk der Stadtmission Nürnberg angebunden und insbesondere in persönlichen Krisenzeiten aufgefangen. Auch die gut durchmischte Hausgemeinschaft selbst ist eine stabilisierende Ressource für die Bewohner*innen.
Für die vermittelten Mieter*innen ist das Wohnprojekt eine Chance, haben sie doch eine Erfahrung gemeinsam: Ihre gesellschaftliche Teilhabe ist brüchig – aufgrund ihrer körperlichen oder psychischen Einschränkungen oder weil sie bereits lange mit Stigmatisierung (Arbeitslosigkeit, Zuwanderungsgeschichte, Verschuldung, Haft etc.) kämpfen. In dem neuen Quartier der Stadtmission aber soll es um ihre Ressourcen gehen und eine Nachbarschaft wachsen, in der gegenseitiger Respekt und individuelle Selbstbestimmung vorausgesetzt sind.
Stadtmissions-Vorstand Matthias Ewelt: »Mit einer Wohnung in der Züricher Straße machen Klienten, die sich selbst lange als Hilfeempfänger erlebt haben, einen weiteren Schritt raus aus prekären Lebensverhältnissen.« Das sei Voraussetzung für gleichberechtigte Teilhabe und ein gelingendes, zufriedenstellendes Leben, so der Theologe weiter.
Verstopftes Hilfesystem entlasten
Der neu geschaffene, soziale Wohnraum kann auch zur Entlastung des sozialen Hilfesystems in Nürnberg beitragen: Denn bei den sozialen Hilfeträgern in der Stadt steigt seit Jahren die Verweildauer von Klienten*innen in Wohnheimen, Reha- und Übergangseinrichtungen, wo sich bspw. Menschen mit Suchterkrankungen, in seelischen Krisen oder nach Haftentlassung stabilisieren. Viele von ihnen haben sich längst stabilisiert und könnten ausziehen, sind aber als Mieter*innen kaum vermittelbar. Andere Hilfesuchende können dann nicht nachrücken.
Wichtig sei auch, dass es nicht »irgendwelche Wohnungen« seien, die die Stadtmission für benachteiligte Menschen bereithält, sondern »Apartments auf einem guten Standard, jenseits von Stadtvierteln, die als vermeintliche Scherbenviertel oder Brennpunkte gebrandmarkt sind«, betont Vorstand Matthias Ewelt. Das sei nicht nur für die Klienten*innen wichtig, sondern auch für alle anderen Mieter*innen mit schwacher Bonität, die am Nürnberger Wohnungsmarkt schlechte Karten haben.
Etwa 18 000 sozial gebundene Wohnungen gibt es derzeit in Nürnberg – Anfang der 90er Jahre waren es noch etwa 60 000. Auf der Warteliste für eine erschwingliche, sozial geförderte Wohnung stehen derzeit etwa 8 500 Haushalte. Nur rund 1 100 Sozialwohnungen konnten 2017 in Nürnberg an Wartende vermittelt werden.
Hintergrund des Neubauprojektes
Um die 40 neuen, sozial gebundenen Wohnungen an der Züricher Straße in Schweinau zu finanzieren, hat die Stadtmission Nürnberg 2017 ein eigenes Grundstück im Norden der Stadt eingetauscht: Für den Neubaukomplex überließ sie dem Bauträger einen Großteil der Außenfläche ihres Marianne-Leipziger-Hauses an der Bucher Straße. Schließlich konnte das soziale Wohnbauprojekt durch die großzügige Bayerische Wohnraumförderung realisiert werden.
Mit einer kleinen Segensfeier wird die Stadtmission das Haus und Wohnprojekt in der Züricher Straße am 2. Oktober 2020 einweihen. Vertreter*innen der Stadt Nürnberg, des Evangelischen Dekanats und der Einrichtungen der Stadtmission Nürnberg werden dazu zusammenkommen.
Möchten Sie unsere Arbeit unterstützen?
Die Arbeit der Sozialpädagogin vor Ort wird durch Spenden finanziert. Auch Sie können etwas bewegen und Ihren Beitrag zu einem sozialen Miteinander in Nürnberg leisten.
Hier geht's
- zur Online-Spende
- zum Spendenflyer
Vielen Dank!