Der Beratungsalltag zeigt, dass die Frauen an der Mauer ganz schön was wegarbeiten. Die Bedürfnisse der Kunden versorgen. Als Unternehmerinnen nebenbei viele Formalitäten erledigen müssen. Arbeitszeiten haben, die das Privatleben schwierig machen. Aus diesen Beobachtungen entstand der Gedanke, den Frauen im Advent einmal etwas Anderes mitzubringen als Informationen und Rat zu ihrer Gesundheit. Und so entstand die Idee für einen »Advent an der Mauer«.
Geplant und umgesetzt wurde dieser ganz besondere Advent dann in der ersten Vorweihnachtswoche. Die Berater*innen der AIDS-Beratung Mittelfranken, die Pfarrerin der Stadtmission Lidia Barth und die angehende Pfarrerin Miriam Karg vom Projekt KIM (gefördert von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern) besuchten die Frauen an ihren Arbeitsplätzen. Die Türen mehrerer Bordelle standen ihnen offen und sie waren willkommen.
Mit Talar und bunter Stola kam die Pfarrerin, die nicht nur Deutsch, sondern auch Ungarisch und Rumänisch spricht. Dies war eine willkommene Geste, denn viele der Frauen fühlen sich durch die Sprachbarriere oft isoliert. In mehreren Sprachen verbreitete sie so die Botschaft des Engels, der sich einst den Hirten auf den Feldern gezeigt hatte: Euch ist Gottes Sohn geboren! Es wurde spürbar, welche Verheißung in seinen Worten lag und auch heute noch liegt.
Die beiden Theologinnen sprachen mit allen Anwesenden über deren persönliche Bedeutung von Weihnachten und die Hoffnung, die damit verbunden ist. Sie erzählten von der Nacht, in der die Hirten das Licht der Welt fanden – eine Botschaft, die auch heute relevant ist. »Fürchtet euch nicht!«, riefen sie den Frauen zu und hörten von ihnen ganz unterschiedliche Gedanken zur Weihnacht. Wer es wünschte, erhielt individuell Segen zugesprochen und konnte persönliche Anliegen vor Gott bringen.
Die Advents-Aktion an der Mauer war ein Anlass, um einmal nicht über die Arbeit zu sprechen, sondern über das wirklich wichtige im Leben: Hoffnung und Liebe. Ein Grund zum Feiern – bei den Hirten und bei den Sexarbeiterinnen.