Immer häufiger müssen Organisationen ihre Beratungsangebote für Migranten*innen und Geflüchtete aufgeben, weil sie nicht ausreichend refinanziert sind. Auch die Stadtmission Nürnberg stellte die Migrationsberatung für Erwachsene Ende 2023 letztlich ein. Häufig würden zwar Personalkosten refinanziert, erklärt Bereichsleiter Björn Bracher, unter anderem der Telefon- und Internetzugang, Fortbildungen oder Supervisionen für die Mitarbeitenden aber nicht. Dennoch sehe die Stadtmission sich in der diakonischen Verantwortung für eine vielfältige Stadtgesellschaft und ein gutes Miteinander, betont der 45-Jährige. »Wir lassen die Menschen, die hier eine neue Heimat suchen, nicht im Stich.«
Das beweist auch ein ganz neues Angebot: Die unabhängige Asylverfahrensberatung (AVB) in den Nürnberger AnkER-Dependancen. Man habe sich damit »einen ziemlich großen Schuh angezogen«, meint Christian Teleki. Der 47-jährige Sozialpädagoge leitet das Arbeitsfeld »Asyl und Migration«. »Dieser Bereich ist für unsere Mitarbeitenden absolutes Neuland.« Die »AVB« wird vom Bund in diesem Jahr immerhin zu 95 Prozent refinanziert – wie die Kostenübernahme 2025 weitergeht, ist unklar.
Am Eingang der AnkER-Dependance in der Witschelstraße, gelegen zwischen den Stellflächen großer Gebrauchtwagenhändler, wird man heute von einem Mann und zwei muslimischen Frauen vom Sicherheitsdienst empfangen. Besuch ist in der AnkER-Dependance nicht gestattet, so steht es auf einem Schild am Eingang. Einige wenige Ausnahmen bestätigen die Regel, wie der Hausmeister erklärt: Der Ehemann einer Bewohnerin etwa, der schon länger in Deutschland lebt, darf seine Frau und seine zwei Kinder besuchen, wenn auch nur zu bestimmten Zeiten. Selten komme es zu Unruhe oder Streit. Denn bei der Belegung werde darauf geachtet, wer mit wem in ein Zimmer und auf welches Stockwerk kommt.
Die Dependance ist eine Zwischenstation. Hierher kommen Personen aus dem AnkER-Zentrum in Zirndorf und werden anschließend einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen, wie es im Amtsdeutsch heißt – oder abgeschoben. AnkER steht für Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung und Rückführung. Aktuell (Mitte Juni) leben in der Witschelstraße 119 Personen. Fast jeden Tag ändert sich diese Zahl. Ein Anbau in ähnlicher Größe ist in Planung und die Belastung vorprogrammiert. Etwa sechs bis 18 Monate verbringen die Menschen hier. »Die Zeit besteht oft aus Warten«, erklärt Stefanos Panaras, Teamleiter der Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB), die die Stadtmission neben der »AVB« ebenfalls vor Ort anbietet.
»Die Bewohner erhalten das absolute Minimum an Grundversorgung«, so Teleki, »kurz: ›Bett, Brot, Seife‹«. Bei der Essensausgabe am Mittag bekommt jede*r ein eingeschweißtes warmes Gericht zusammen mit einem Vorrat für das Abendessen und Frühstück. Hygieneartikel werden ebenfalls als Sachleistungen zur Verfügung gestellt. Eine freie Auswahl gibt es also nicht. 216 Euro erhalten die Asylsuchenden ergänzend zur freien Verfügung. »Weit kommt man damit nicht«, beobachten die beiden Sozialpädagogen. Etwa für rechtlichen Beistand reicht es kaum.